Erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil des OLG München zu Urheberrechtsabgaben nach §§ 54 ff. UrhG
Soebenist bekannt geworden, dass der Bundesgerichtshof in einem ZPÜ-Verfahren gegen einen deutschen PC-Hersteller eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG München zugelassen hat! Es wird in diesem Verfahren betreffend die Urheberrechtsabgaben nach §§ 54 ff. UrhG also zu einer Revision des Urteils des OLG München (38. Zivilsenat, Vors. RiOLG Dr. Zigann) durch den BGH kommen!
Hintergrund
Hintergrund ist eines der zahlreichen PC-Verfahren, in dem das OLG München die Forderungen der ZPÜ für in Deutschland in Verkehr gebrachte PC (Neugeräte) vollständig "durchgewunken" und die Revision zum BGH nicht zugelassen hat – wie zuletzt in allen Verfahren gegen Geräte-Hersteller und Importeure immer. Das Unternehmen wird vor dem BGH von BGH-Rechtsanwalt Prof. Dr. Rohnke vertreten, den wir ebenfalls mit Verfahren zur Vergütung für Clouds beauftragt haben (dazu hier: https://www.vy-anwalt.de/news/clouddienste-schulden-keine-urheberrechtsabgabe-olg-muenchen).
Dass der BGH der Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben hat, kommt überraschend. Ein von uns beauftragtes Kurzgutachten BGH-Rechtsanwalts kam noch vor wenigen Monaten zu dem Ergebnis, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein entsprechendes Urteil des OLG München keine Aussicht auf Erfolg hat.
Erfolgsaussichten der Revision
Mit der Zulassung der Revision durch den BGH ist aber noch nicht gesagt, dass der BGH der Revision auch stattgeben wird. Es ist möglich, dass der BGH verschiedene Fragen zum Unionsrecht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegt und erst danach (in einigen Jahren) ein eigenes Urteil fällt. Ebenso ist es möglich, dass der BGH das Urteil des OLG München bestätigt oder ganz oder teilweise aufhebt und dann selbst entscheidet oder eine neue Entscheidung durch das OLG München anordnet. Wie diese späteren Entscheidungen in der Sache ausgehenund ob die von dem OLG München nach §§ 54 ff. UrhG festgelegten Urheberrechtsabgaben Bestand haben werden,kann heute noch nicht prognostiziert werden.
Welche Argumente für die Zulassung der Revision durch den BGH ausschlaggebend waren, ist nicht bekannt, da der BGH seinen Beschluss, die Revision zuzulassen, nicht begründet hat (vgl. § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO); insoweit vermuten wir:
Die Frage der Vergütungspflicht für PC, die an gewerbliche Endabnehmer verkauft werden, dürfte eine entscheidende Rolle gespielt haben, aufgrund der insoweit abweichenden Rechtsprechung des BGH zur Rechtsprechung des öst. Obersten Gerichtshofs OGH. Das OLG München wollte diese Frage wiederholt nicht an den EuGH vorlegen oder dazu die Revision an BGH zulassen, trotz der recht eindeutigen Entscheidung des BVerfG in der Verfassungsbeschwerde des BITKOM.
Zudem sind wir der Ansicht, dass das OLG München die Indizwirkung der Gesamtverträge "überspannt" und nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass die Vermutung der Angemessenheit gesamtvertraglicher Vergütungssätze bereits widerlegt wurde. Ob dies für den BGH entscheidend war, ist unklar, das dies auf seine eigene Rechtsprechung (u.a. im ZItCo-Musterprozess) der letzten Jahre zurück. Vielleicht denkt der BGH hier aber auch um, was sehr zu hoffen ist!
Das OLG meint zudem, dass es nicht relevant ist, dass, wie wiederholt vorgetragen und unter Beweis gestellt, die Anzahl an Privatkopien seit Streaming und Cloud erheblich zurückgegangen ist, solange die Gesamtverträge in Kraft sind und nicht gekündigt werden. M.E. widerspricht das der Padawan-Rechtsprechung des EuGH, wonach der gerechte Ausgleich zwingend auf der Grundlage des Schadens zu berechnen ist, der den Urhebern durch Privatkopien entsteht. Der EuGH hat auch wiederholt festgestellt, dass der gerechte Ausgleich die durch Privatkopien entstehenden Nachteile (nur) ausgleichen soll, und keine Überkompensation erfolgen darf (zuletzt EuGH Strato, zur Cloud-Vergütung). Das alles ignoriert das OLG München (und – bisher? – der BGH), indem es schlicht auf die verhandelten Gesamtverträge verweist.
Handlungsbedarf!
Es gibt dringenden Handungsbedarf:
Inallen noch nicht vollständig abgeschlossenen Verfahren vor dem OLG München und der Schiedsstellenach demVGGsollte nun vorgetragen werden, dass der BGH in einem Verfahren betreffend PC die Revision zugelassen hat.Es sollte zudem erneutaufdiegrundsätzlichen Bedenken betreffend die Vergütung für Business-Geräte und allgemein die unangemessene Höhe der gesamtvertraglichen Vergütungssätze hingewiesen werden.
Sofern Ihr Unternehmen sich für vergangene Zeiträume mit der ZPÜ verglichen haben sollte, kann diese mögliche Änderung in der Rechtsprechung des BGH für Sie für künftige Vergütungszeiträume große Bedeutung haben.
Sofern Sie Gesamtverträgen mit der ZPÜ beigetreten sind, ist zu prüfen, ob diese in Folge dieser Entscheidung zu kündigen sind!