Memes, GIFs, Sampling und ähnlicher User Generated Content sind grade der ganz heiße Social Media-Scheiß – aber auch umstritten! Die einen halten sie für einen noch nie da gewesenen Raubzug von (geistigem) Eigentum der Urheber und Urheberinnen. Die anderen wundern sich, dass das virale Potezial, dass mit dieser kostenlosen Werbung einhergeht, regelmäßig verkannt wird.

Der aktuelle Hype um Conni-Memes – selbst die Süddeutsche Zeitung berichtet – bietet sich an, um einen Blick auf die Rechtslage und die noch relativ neue Urheberrechtsschranke des § 51a UrhG zu werfen, wonach "die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches" zulässig ist.

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Die Rechtslage – Erklärt vom Anwalt für Urheberrecht (nicht von Conni!)

Grundsatz: Parodie & Pastiche sind erlaubt!

Grundsätzlich gilt als: Nach § 51a UrhG ist auch die kommerzielle Nutzung von Memes und ähnlichem User Generated Content in der Regel als Karikatur, Parodie oder Pastiche erlaubnis- und vergütungsfrei zulässig – Karikaturen, Parodien und Pastiches sind also kraft Gesetz erlaubt.

Karikatur? Parodie? Pastiche? Genaue Prüfung im Einzelfall!

Vorsicht aber: Es muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden, ob die Voraussetzung einer Karikatur, einer Parodie oder eines Pastiche i.S.v. § 51a UrhG auch tatsächlich erfüllt sind!

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Memes sind vom deutschen Gesetzgeber in der Begründung zum Regierungsentwurf des § 51a UrhG-E (https://dserver.bundestag.de/btd/19/274/1927426.pdf, S. 89 ff.) allerdings als ein Beispiel für Parodie bzw. Pastiche ausdrücklich/wörtlich genannt, sodass man wohl sagen darf: wenn's ein Meme ist, ist es in der Regel erlaubt! Das ist unter Fach-Juristen nahezu unstreitig, auch wenn Conni da anderer Meinung zu sein scheint.


Lesenswert ist, was das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 02.11.2021 (Az. 15 O 551/19) schreibt (Hervorhebung hier):

Nach der Gesetzesbegründung ist den anlehnenden Nutzungen nach § 51a UrhG gemein, dass sie an ein oder mehrere vorbestehende Werke erinnern. In Abgrenzung zum unzulässigen Plagiat müssen sie zugleich wahrnehmbare Unterschiede zum Originalwerk aufweisen. Ein Verblassen des Originalwerkes ist nach der Gesetzesbegründung hier aber nicht erforderlich. Die Nutzung des vorbestehenden Werkes muss nach der Gesetzesbegründung einer inhaltlichen oder künstlerischen Auseinandersetzung des Nutzers mit dem Werk oder einem anderen Bezugsgegenstand dienen. Diese Auseinandersetzung ist nach Ansicht des Gesetzgebers Ausdruck der Grundrechte desjenigen, der die Karikatur, die Parodie oder den Pastiche anfertigt, und somit die Rechtfertigung für die Beschränkung des Urheberrechts am vorbestehenden Werk. Insbesondere sind hierbei die Meinungsfreiheit nach Artikel 11Absatz 1 GRCh, die Pressefreiheit nach Artikel 1 Absatz 2 GRCh oder die Kunstfreiheit nach Artikel 13GRCh zur Entfaltung zu bringen. Im konkreten Fall ist stets ein angemessener Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen des betroffenen Rechtsinhabers und denen des Nutzers zu gewährleisten, wobei sämtliche Umstände des Einzelfalls wie etwa der Umfang der Nutzung in Anbetracht ihres Zwecks zu berücksichtigen sind.

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Deshalb erlaubt der Pastiche im Kontext des Artikels 5 Absatz 3 Buchstabe k InfoSoc-RL über die Imitation des Stils hinaus grundsätzlich auch die urheberrechtlich relevante Übernahme fremder Werke oder Werkteile. Der Pastiche muss eine Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk oder einem sonstigen Bezugsgegenstand erkennen lassen. Anders als bei Parodie und Karikatur, die eine humoristische oder verspottende Komponente erfordern, kann diese beim Pastiche auch einen Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original enthalten, etwa als Hommage. Demnach gestattet insbesondere der Pastiche, nach § 5 Absatz I Nummer 2 UrhDaG-E bestimmte nutzergenerierte Inhalte (UGC) gesetzlich zu erlauben, die nicht als Parodie oder Karikatur zu klassifizieren sind, und bei denen im Rahmen der Abwägung von Rechten und Interessen der Urheber und der Nutzer ein angemessener Ausgleich gewahrt bleibt. Zitierende, imitierende und anlehnende Kulturtechniken sind ein prägendes Element der Intertextualität und des zeitgemäßen kulturellen Schaffens und der Kommunikation im "Social Web". Hierbei ist insbesondere an Praktiken wie Remix, Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction oder Sampling zu denken. Das Unionsrecht begründet die Pflicht zur Einführung der nun in § 51a UrhG-E verankerten Erlaubnisse in Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 DSM-RL und ErwG 70 DSM-RL ausdrücklich mit dem Schutz der Meinungs- und Kunstfreiheit. Die gesetzlichen Erlaubnisse müssen stets mit Blick auf die neuen elektronischen Medien gelesen werden (vergleiche bereits ENG 31 Satz 2 InfoSoc-RL). Bei ihrer Auslegung sollten die Besonderheiten des jeweiligen analogen und digitalen Umfelds sowie der technologische Fortschritt berücksichtigt werden."

Was ist mit kommerziellen Nutzungen?

§ 51a UrhG erlaubt grundsätzlich auch kommerzielle Nutzungen, z.B. in der Werbung, wenn diese Nutzungen den sog. 3 Stufen-Test bestehen:

  1. Sondernutzung (z. B. Parodie oder Pastiche): Die Nutzung muss ein spezieller Fall sein – etwa eine Parodie oder ein Pastiche eines bestimmten Werkes, das sich inhaltlich oder künstlerisch mit dem Originalwerk oder einem anderen Bezugsgegenstand auseinandersetzt (LG Berlin, Urt. v. 02.11.2021, Az. 15 O 551/19). Normale Nutzungen, wie z.B. schlichte Vervielfältigungen oder einfache Bearbeitungen, die nicht zum Zwecke der Parodie oder des Pastiche erfolgen, bleiben unzulässig. Ein eigenes Conni-Buch dürfte man also nicht herstellen und vertreiben.
  2. Keine Beeinträchtigung der normalen Verwertung des Originals: Es darf, wie das OLG Hamburg (Urt. v. 10.06.2021, Az. 5 U 80/20 – Ottifanten in the City) festgestellt hat, kein unmittelbarer Wettbewerb zur üblichen Nutzung des Originals bestehen. Conni-Memes auf Social Media-Plattformen sind dafür ein gutes Beispiel, denn diese konkurrieren nicht mit den Conni-Büchern, substituieren diese nicht und beeinträchtigen nicht deren Verkauf – im Gegenteil: wie eine gute Social Media-Kampagne dürfte der aktuelle Conni-Hype den Kauf von Conni-Büchern ganz schön angekurbelt haben!
  3. Keine unzumutbare Beeinträchtigung anderer berechtigter Interessen des Rechteinhabers: Auch sonstige berechtigte Interessen des Rechteinhabers dürfen nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Dies wäre bspw. der Fall, wenn ein Meme extremistische, rassistische, antisemitische, sexistische, homophobe oder sonst menschenverachtende Ansichten zum Ausdruck bringt, wie der EuGH in seiner grundlegenden Deckmyn-Entscheidung vom 3. September 2014, Rs. C‑201/13, schon festgestellt hat.

Ausgleichende Vergütungsansprüche des Rechteinhabers / der Rechteinhaberin

Die Rechteinhaber, z.B. der Verlag oder der Schöpfer/die Schöpferin des Original-Werks, haben als Ausgleich für diese Nutzungen, die sie hinnehmen müssen, einen Anspruch auf eine Vergütung, die von den Social Media-Plattformen zu bezahlen ist, vgl. § 5 Abs. 2, § 12 Abs. 1 UrhDAG. Diese Vergütung wird von den Verwertungsgesellschaften (z.B. GEMA, VG Wort, VG Bild-Kunst) für die Rechteinhaber und -inhaberinnen verhandelt und erhoben, § 5 Abs. 2 UrhDAG.

Zu den Beweggründen und den Abwägungen, die den (deutschen) Gesetzgeber veranlasst haben, § 51a UrhG als Schranke für sog. anlehnende Nutzungen in das deutsche Urheberrecht aufzunehmen s. die Begründung zum Regierungsentwurf des § 51a UrhG-Entwurf in der Bundestagsdrucksache 19/27426, S. 89 ff. Die Regelung des § 51a UrhG, die auf EU-Recht basiert, ist ein Kompromiss aus der durch Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 des Grundgesetzes geschützten Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit der Nutzer und Nutzerinnen einerseits, und den ebenfalls duch das Grundgesetz geschützten Interessen der Verwerter (z.B. Verlage) und der Urheber und Urheberinnen andererseits:

"Die Auseinandersetzung mit vorbestehenden schöpferischen Leistungen, die Aufnahme von Anregungen und die gegenseitige Inspiration gehören zum Wesen geistig-schöpferischer Tätigkeit und sind ihrerseits Grundlage für weiteres kreatives Schaffen. Dies zeigt sich beispielsweise an der Parodie. Zugleich ist es erforderlich, gesetzliche Bestimmungen im aktuellen sozialen Kontext zu interpretieren. Karikaturen und Parodien sind fester Bestandteil der europäischen Kultur, ebenso – wenngleich weniger prominent – der Pastiche. Aufgabe des § 51a UrhG-E ist es zum einen, „klassische“ Nutzungen rechtlich abzusichern, etwa die politische Karikatur in Pressemedien, eine Parodie in einer satirischen Fernsehsendung oder einen literarischen Pastiche. Zugleich können auch moderne Formen transformativer Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte insbesondere im digitalen Umfeld unter die Begriffe der Karikatur, der Parodie oder des Pastiches gefasst werden. Artikel 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 und Drucksache 19/27426 – 90 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ErwG 70 Satz 2 DSM-RL erwähnen in diesem Kontext ausdrücklich „nutzergenerierte Inhalte“ (User Generated
Content – UGC).

Die Erlaubnisse sind nicht auf bestimmte Nutzer beschränkt; so können zum Beispiel sowohl der professionelle Karikaturist als auch der private Internetnutzer von § 51a UrhG-E profitieren. Ebenso wenig kommt es auf das genutzte Medium, die konkrete Kunstform oder das gewählte Genre an. ..."

Abmahnung wegen Meme, GIF, Sampling erhalten?

Das müssen Sie tun – Tipps vom Anwalt für Urheberrecht

  1. Fristen beachten und zügig handeln! Schalten Sie unverzüglich einen einschlägig erfahrenen Rechtsanwalt oder -anwältin für Urheberrecht ein!
  2. Nicht unüberlegt handeln! Unterschreiben sie keine Unterlassungserklärung, ohne dass ein versierter Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin für Urheberrecht sie genau geprüft hat! Es kommt hier auf jedes Wort an!
  3. Lasse sich auch mögliche Gegenansprüche prüfen, z.B. wenn es sich um eine unberechtigte Abmahnung handeln sollte!

Anwalt für Urheberrecht hilft bundesweit!

Der Carlsen-Verlag hat auf den Conni-Hype reagiert und eine Pressemeldung / FAQ herausgegeben, die sich so liest, also ob man dort darüber nachdenkt, gegen die Nutzer von Conni-Memes z.B. mit einer Abmahnung vorzugehen. Auch in anderen Fällen gehen Verwerter oder Rechteinaber und Rechteinhaberinnen gegen die Nutzung ihrer Werke als Meme, GIF, Mashup, Fan Art, Fan Fiction, Remix, Sampling oder sonstigen User Generated Content vor.

Wenn Sie eine Abmahnung wegen einer (angeblichen) Verletzung von Urheberrechten, z.B. wegen eines Meme erhalten haben, sprechen Sie uns gerne an!